Klappentext:
Dieser Sammelband umfasst sowohl ,Bhakti-Yoga‘ als auch ,Mein Meister Ramakrishna‘ von Swami Vivekananda.,Bhakti-Yoga‘ ist eine wirkliche, wahrhaftige Suche nach Gott, eine Suche, die in der Liebe beginnt, fortfährt und endet. Ein einziger Augenblick der Entrücktheit in extremer Liebe zu Gott bringt uns ewige Freiheit.In ,Mein Meister Ramakrishna‘ erzählt Swami Vivekananda von seinem Lehrer Paramhamsa Srimat Râmakrishna. Râmakrishna gilt in Indien bei den hinduistischen und buddhistischen Gläubigen als eine Wiedergeburt eines göttlichen Leh¬rers höchster Ordnung.
Aus dem Buch:
Definition von Bhakti
»Er ist die Seele des Universums. Er ist unsterblich. Sein ist die Herrschaft. Er ist der All-Wissende, der Alles-Durchdringende, der Beschützer des Universums, der Ewige Herrscher. Es gibt keinen anderen, der die Welt bis in alle Ewigkeit wirksam beherrschen kann. Er, der zu Anbeginn der Schöpfung Brahmâ (d.h. das universale Bewusstsein) entwarf, und der ihm die Veden übertrug – auf meiner Suche nach Befreiung nehme ich Zuflucht bei jenem Strahlenden, in dessen Licht der Verstand sich dem Âtman hinwendet.«
Shvetâshvatara-Upanishad, VI. 17-18
Bhakti-Yoga ist eine wirkliche, aufrichtige Suche nach Gott, eine Suche, die in der Liebe beginnt, fortfährt und endet. Ein einziger Augenblick der Entrücktheit in extremer Liebe zu Gott bringt uns ewige Freiheit. »Bhakti«, so sagt Narada in seiner Erklärung der Bhakti-Aphorismen, »ist die intensive Liebe zu Gott«; »Wenn ein Mensch sie erlangt, liebt er alle, hasst niemanden; er erlangt ewige Zufriedenheit«; »Diese Liebe kann nicht auf irgendeinen irdischen Nutzen reduziert werden«, denn so lange man in weltlichen Begierden verhaftet ist, kann jene Art der Liebe nicht in Erscheinung treten. »Bhakti ist größer als Karma, größer als Yoga, da diese auf ein sichtbares Objekt abzielen, während Bhakti in sich selbst das Ziel, Mittel und Ende ist«.
Bhakti ist seit jeher das eine beständige Thema unserer Weisen gewesen. Abgesehen von den auf Bhakti spezialisierten Schreibern, wie z.B. Shândilya oder Narada, haben die bedeutenden Kommentatoren der Vyâsa-Sutras, die zweifelsohne Vertreter des Wissens (Jnâna) waren, auch einiges Gehaltvolles über Liebe zu sagen. Selbst wenn der Kommentator sich bemüht, viele wenn auch nicht alle Texte zu erklären, um ihnen eine Art trockenes Wissen zu verleihen, lassen sich die Sutras, vor allem in dem Kapitel über die Verehrung, nur schwer in jener Weise hinbiegen.
Im Grunde genommen ist der Unterschied zwischen Wissen (Jnâna) und Liebe (Bhakti) nicht so groß, wie es sich die Menschen manchmal vorstellen. Im Verlauf der weiteren Ausführungen werden wir sehen, dass Jnâna und Bhakti letztendlich ein und demselben Ziel zustreben und an demselben Punkt zusammentreffen. Dasselbe gilt für Râja-Yoga, der uns auch zu ein- und demselben Ziel führt, sofern er als Mittel zur Befreiung ausgeübt wird und nicht als Mittel zur Täuschung der Unbedachten (zu dem er unglücklicherweise häufig in den Händen von Scharlatanen und Geheimniskrämern wird).
Der eine große Vorteil von Bhakti ist, dass er der leichteste und natürlichste Weg ist, um am Ende das verheißene große Göttliche zu erreichen; sein großer Nachteil ist, dass Bhakti in seinen niederen Erscheinungsformen sehr oft in schrecklichen Fanatismus ausartet. Seit jeher haben sich die fanatischen Anhänger im Hinduismus, Islam oder Christentum fast ausnahmslos aus eben diesen, auf den niedereren Ebenen von Bhakti befindlichen Dienern, rekrutiert. Die ausschließliche Bindung (Nishthâ) an ein geliebtes Objekt, ohne die keine wahre Liebe wachsen kann, ist sehr oft auch der Grund dafür, dass alles andere verdammt wird. In jeder Religion und in jedem Land haben all die schwachen und wenig entwickelten Geister nur eine Möglichkeit, ihr eigenes Ideal zu lieben, nämlich indem sie jedes andere Ideal hassen. Hierin liegt die Erklärung dafür, warum ein- und derselbe Mensch, der eine so liebevolle Beziehung zu seinem eigenen Gottesideal hat und sich seinem eigenen religiösen Ideal derart hingegeben hat, zu einem fürchterlichen Fanatiker wird, sobald er nur irgendetwas von einem anderen Ideal sieht oder hört. Dieses Ideal hat etwas von dem Instinkt eines Hundes an sich, der den Besitz seines Herren vor Eindringlingen beschützt; mit der Ausnahme, dass der Instinkt des Hundes besser ist als das Motiv des Menschen, denn der Hund verwechselt niemals seinen Herrn mit dem Feind, ganz gleich wie er gekleidet sein mag. Demgegenüber verliert der Fanatiker jegliches Urteilsvermögen. In seinem Fall ist er von seinen persönlichen Sichtweisen und Interessen derart besessen, dass es für ihn unerheblich ist, was jemand sagt – ob es richtig oder falsch ist. Derselbe Mensch, der freundlich, gut, aufrichtig und liebevoll gegenüber Gleichgesinnten ist, wird nicht vor den abscheulichsten Taten zurückschrecken, wenn sie gegen Personen außerhalb der Grenzen seiner eigenen Religionsgemeinschaft gerichtet sind.
Diese Gefahr existiert jedoch nur in dem Stadium von Bhakti, das als das »der Vorbereitung dienende« (Gauni) bezeichnet wird. Sobald Bhakti voll entwickelt und in die als »das Höchste« (Parâ) bezeichnete Form übergegangen ist, sind diese hässlichen Erscheinungsformen des Fanatismus nicht länger zu befürchten; jene Seele, von dieser höheren Form des Bhakti überwältigt, ist dem Gott der Liebe viel zu nahe, als dass sie an der Ausbreitung von Hass noch mitwirken könnte.
Nicht allen von uns ist es möglich, in diesem Leben unseren Charakter harmonisch zu entwickeln, doch wir wissen, dass eben jener Charakter, in dem alle drei Komponenten – Wissen, Liebe und Yoga – harmonisch vereint sind, der edelste ist. Für einen Vogel gibt es zum Fliegen drei Voraussetzungen – die beiden Flügel und der Schwanz als Steuerungsruder. Jnâna (Wissen) ist der eine Flügel, Bhakti (Liebe) ist der andere, und Yoga ist der Schwanz, der das Gleichgewicht aufrecht erhält. Diejenigen, die nicht alle diese drei Formen der Verehrung in Harmonie zusammen ausüben können und sich daher Bhakti alleine als ihren Weg zu eigen machen, müssen immer im Gedächtnis behalten, dass trotz ihrer absoluten Notwendigkeit für die sich entwickelnde Seele, Formen und Zeremonien lediglich dazu dienen, uns in jenen Bewusstseinszustand zu erheben, in dem wir die intensivste Liebe zu Gott fühlen.
Die Meinungen zwischen den Lehrern des Wissens und jenen der Liebe gehen ein wenig auseinander, obwohl beide die Macht von Bhakti anerkennen. Die Jnânis erachten Bhakti als ein Mittel zur Befreiung, die Bhaktas sehen es sowohl als das Mittel als auch das Ziel an. Meiner Meinung nach ist dies eine sehr fadenscheinige Unterscheidung. Tatsächlich ist es so, dass Bhakti, als Mittel benutzt, wirklich eine niedere Form der Verehrung ist und die höhere Form in einem späteren Stadium von der niederen Verwirklichung nicht mehr zu trennen sein wird. Jeder scheint sehr großen Wert auf die Besonderheiten seiner ihm eigenen Methode der Verehrung zu legen, wobei vergessen wird, dass im Zustand der vollkommenen Liebe nach dem wahren Wissen nicht mehr gesucht werden muss, und dass die wahre Liebe vom vollkommenen Wissen untrennbar ist.
Indem wir dies berücksichtigen, wollen wir nun zu verstehen versuchen, was die großen vedischen Kommentatoren zu dem Thema zu sagen haben. In seiner Erklärung des Sutra Âvrittirasakridupadeshât (Meditation ist notwendig, diese soll oft praktiziert werden), sagt Bhagavân Shankara: »So sagen die Menschen, ›Er ist dem König treu ergeben, er ist dem Guru treu ergeben‹, sie sagen dies über den, der seinem Guru folgt und es tut, indem er jenes Folgen als alleiniges Ziel vor Augen hat. Gleichermaßen sagen sie ›Die liebende Ehefrau meditiert über ihren liebenden Ehemann‹, hiermit ist auch eine Art eifriger und kontinuierlicher Erinnerung gemeint«. Laut Shankara ist dies Hingabe.
»Meditation wiederum ist eine ständige Erinnerung (an die Sache, über die meditiert wird), die wie ein ununterbrochener Strom Öl fließt, von einem ins nächste Gefäß geleert. Sobald diese Art des Erinnerns (in Beziehung zu Gott) erreicht worden ist, brechen alle Fesseln; so wird es in den Schriften über das fortwährende Erinnern als Mittel zur Befreiung beschrieben. Dieses Erinnern wiederum ist von derselben Art wie das Sehen, weil sie dieselbe Bedeutung haben wie in dem Textabschnitt: ›Wenn Er, der fern und zugleich nah ist, gesehen wird, werden die Fesseln des Herzens gesprengt, alle Zweifel lösen sich auf und alle Folgen der Arbeit schwinden dahin.‹ Er, der nahe ist, kann gesehen werden, aber an den, der fern ist, kann man sich nur erinnern. Dennoch sagt die Schrift, dass man Ihn, der nahe ist, genauso sehen muss wie Ihn, der fern ist, und sie weist uns dadurch darauf hin, dass die oben genannte Art des Erinnerns dem Sehen ebenbürtig ist. In ihrer erhabenen Form entspricht diese Erinnerung dem Sehen. … Verehrung ist die fortwährende Erinnerung, wie man den essenziellen Texten der Schriften entnehmen kann. Wissen, was dasselbe wie wiederholte Verehrung ist, ist als fortwährendes Erinnern beschrieben worden. … Somit wird das Gedächtnis, das sich bis zum höchsten Grad von dem ausgebildet hat, was der direkten Wahrnehmung entspricht, in den Shruti als Mittel zur Befreiung bezeichnet. ›Âtman kann weder durch die verschiedenen wissenschaftlichen Methoden noch durch den Intellekt erreicht werden, auch nicht durch intensives Studium der Veden. Nach wem auch immer Âtman begehrt, der erlangt Âtman, ihm offenbart sich Âtman‹. Nachdem gesagt wurde, dass bloßes Hören, Denken und Meditieren keine Mittel zum Erreichen des Âtman sind, wird hierzu wiederum gesagt, ›Nach wem dieser Âtman begehrt, der erlangt den Âtman‹. Das über alle Maßen Geliebte wird begehrt; von wem auch immer Âtman über alle Maße geliebt wird, der wird zum meist geliebten des Âtman. So kann dieser Geliebte Âtman erlangen, der Herr selbst hilft ihm; denn der Herr hat gesagt: ›Jene, die ständig mit MIR verbunden sind und MICH in Liebe verehren – deren Willen lenke ich in die Richtung, die zu MIR führt‹. Daher wird gesagt, dass, wem auch immer dieses Erinnern, das der direkten Wahrnehmung entspricht, sehr am Herzen liegt, da ihm sehr am Erreichen einer solchen gedächtnisorientierten Wahrnehmung liegt, wird begehrt vom Höchsten Âtman; er erlangt das Höchste Âtman. Dieses fortwährende Erinnern wird mit dem Wort Bhakti bezeichnet.« So sagt Bhagavân Râmanuja in seinem Kommentar zum Sutra Athâto Brahmâ-jijnâsâ (hierauf folgt eine Abhandlung über die Lehre der Brahmân).
In seinem Kommentar über die Sutren von Patanjali, Ishvara pranidhânâdva, d.h. »Oder durch die Verehrung des Höchsten Herrn« – sagt Bhoja, »Pranidhâna ist jene Art von Bhakti, in der ohne nach Ergebnissen wie zum Beispiel Sinnesfreuden etc. zu suchen, alle Arbeiten dem Lehrer aller Lehrer gewidmet sind.« Auch Bhagavân Yvâsa definiert Pranidhâna in seinem Kommentar zum selben Thema als »die Art von Bhakti, bei der die Gnade des Höchsten Herrn dem Yogi zuteil wird, ihn segnet, indem ihm sein Begehren gewährt wird.« Bhakti ist nach Shândilya »die innige Liebe zu Gott«. Die beste Definition jedoch stammt vom König der Bhaktas, Prahlâda:
»Jene unsterbliche Liebe, welche die Unwissenden den vergänglichen Dingen der Sinne entgegenbringen – während ich weiter über Dich meditiere – jene Liebe darf nicht aus meinem Herzen schwinden!« Liebe! Für wen? Für den Höchsten Herrn Ishvara. Bei der Liebe zu irgendeinem anderen Wesen, wie groß sie auch sei, kann es sich nicht um Bhakti handeln; denn, wie Râmânuja in seinem Shri Bhâshya sagt, indem er einen alten Âchârya, d.h. einen großen Lehrer, zitiert:
»Von Bramâ bis zu einem Büschel Gras sind alle Lebensformen durch das Karma in der Welt Sklaven von Geburt und Tod. Daher können sie als Meditationsobjekte nicht dienlich sein, da sie alle unwissend sind und dem Wandel unterliegen.« Der Kommentator Svapneshvara sagt in seinem Kommentar über das von Shandilya benutzte Wort Anurakti, dass Anu ’danach’ und Rakti ’Verbindung’ bedeutet; das heißt, die Verbindung, die auf das Wissen über das Wesen und den Glanz Gottes folgt. Andernfalls wäre Bhakti eine ziellose Verbindung mit irgendjemandem, z.B. Frau oder Kindern. Wir erkennen daher unmissverständlich, dass Bhakti eine Reihe oder Aufeinanderfolge mentaler, auf religiöse Erkenntnis abzielender Bemühungen ist, wobei der Anfang in gewöhnlichen Verehrung liegt und das Ende in höchster Intensität der Liebe zu Ishvara gipfelt.
Klappentext:
Dieser Sammelband umfasst sowohl ,Bhakti-Yoga‘ als auch ,Mein Meister Ramakrishna‘ von Swami Vivekananda.,Bhakti-Yoga‘ ist eine wirkliche, wahrhaftige Suche nach Gott, eine Suche, die in der Liebe beginnt, fortfährt und endet. Ein einziger Augenblick der Entrücktheit in extremer Liebe zu Gott bringt uns ewige Freiheit.In ,Mein Meister Ramakrishna‘ erzählt Swami Vivekananda von seinem Lehrer Paramhamsa Srimat Râmakrishna. Râmakrishna gilt in Indien bei den hinduistischen und buddhistischen Gläubigen als eine Wiedergeburt eines göttlichen Leh¬rers höchster Ordnung.
Aus dem Buch:
Definition von Bhakti
»Er ist die Seele des Universums. Er ist unsterblich. Sein ist die Herrschaft. Er ist der All-Wissende, der Alles-Durchdringende, der Beschützer des Universums, der Ewige Herrscher. Es gibt keinen anderen, der die Welt bis in alle Ewigkeit wirksam beherrschen kann. Er, der zu Anbeginn der Schöpfung Brahmâ (d.h. das universale Bewusstsein) entwarf, und der ihm die Veden übertrug – auf meiner Suche nach Befreiung nehme ich Zuflucht bei jenem Strahlenden, in dessen Licht der Verstand sich dem Âtman hinwendet.«
Shvetâshvatara-Upanishad, VI. 17-18
Bhakti-Yoga ist eine wirkliche, aufrichtige Suche nach Gott, eine Suche, die in der Liebe beginnt, fortfährt und endet. Ein einziger Augenblick der Entrücktheit in extremer Liebe zu Gott bringt uns ewige Freiheit. »Bhakti«, so sagt Narada in seiner Erklärung der Bhakti-Aphorismen, »ist die intensive Liebe zu Gott«; »Wenn ein Mensch sie erlangt, liebt er alle, hasst niemanden; er erlangt ewige Zufriedenheit«; »Diese Liebe kann nicht auf irgendeinen irdischen Nutzen reduziert werden«, denn so lange man in weltlichen Begierden verhaftet ist, kann jene Art der Liebe nicht in Erscheinung treten. »Bhakti ist größer als Karma, größer als Yoga, da diese auf ein sichtbares Objekt abzielen, während Bhakti in sich selbst das Ziel, Mittel und Ende ist«.
Bhakti ist seit jeher das eine beständige Thema unserer Weisen gewesen. Abgesehen von den auf Bhakti spezialisierten Schreibern, wie z.B. Shândilya oder Narada, haben die bedeutenden Kommentatoren der Vyâsa-Sutras, die zweifelsohne Vertreter des Wissens (Jnâna) waren, auch einiges Gehaltvolles über Liebe zu sagen. Selbst wenn der Kommentator sich bemüht, viele wenn auch nicht alle Texte zu erklären, um ihnen eine Art trockenes Wissen zu verleihen, lassen sich die Sutras, vor allem in dem Kapitel über die Verehrung, nur schwer in jener Weise hinbiegen.
Im Grunde genommen ist der Unterschied zwischen Wissen (Jnâna) und Liebe (Bhakti) nicht so groß, wie es sich die Menschen manchmal vorstellen. Im Verlauf der weiteren Ausführungen werden wir sehen, dass Jnâna und Bhakti letztendlich ein und demselben Ziel zustreben und an demselben Punkt zusammentreffen. Dasselbe gilt für Râja-Yoga, der uns auch zu ein- und demselben Ziel führt, sofern er als Mittel zur Befreiung ausgeübt wird und nicht als Mittel zur Täuschung der Unbedachten (zu dem er unglücklicherweise häufig in den Händen von Scharlatanen und Geheimniskrämern wird).
Der eine große Vorteil von Bhakti ist, dass er der leichteste und natürlichste Weg ist, um am Ende das verheißene große Göttliche zu erreichen; sein großer Nachteil ist, dass Bhakti in seinen niederen Erscheinungsformen sehr oft in schrecklichen Fanatismus ausartet. Seit jeher haben sich die fanatischen Anhänger im Hinduismus, Islam oder Christentum fast ausnahmslos aus eben diesen, auf den niedereren Ebenen von Bhakti befindlichen Dienern, rekrutiert. Die ausschließliche Bindung (Nishthâ) an ein geliebtes Objekt, ohne die keine wahre Liebe wachsen kann, ist sehr oft auch der Grund dafür, dass alles andere verdammt wird. In jeder Religion und in jedem Land haben all die schwachen und wenig entwickelten Geister nur eine Möglichkeit, ihr eigenes Ideal zu lieben, nämlich indem sie jedes andere Ideal hassen. Hierin liegt die Erklärung dafür, warum ein- und derselbe Mensch, der eine so liebevolle Beziehung zu seinem eigenen Gottesideal hat und sich seinem eigenen religiösen Ideal derart hingegeben hat, zu einem fürchterlichen Fanatiker wird, sobald er nur irgendetwas von einem anderen Ideal sieht oder hört. Dieses Ideal hat etwas von dem Instinkt eines Hundes an sich, der den Besitz seines Herren vor Eindringlingen beschützt; mit der Ausnahme, dass der Instinkt des Hundes besser ist als das Motiv des Menschen, denn der Hund verwechselt niemals seinen Herrn mit dem Feind, ganz gleich wie er gekleidet sein mag. Demgegenüber verliert der Fanatiker jegliches Urteilsvermögen. In seinem Fall ist er von seinen persönlichen Sichtweisen und Interessen derart besessen, dass es für ihn unerheblich ist, was jemand sagt – ob es richtig oder falsch ist. Derselbe Mensch, der freundlich, gut, aufrichtig und liebevoll gegenüber Gleichgesinnten ist, wird nicht vor den abscheulichsten Taten zurückschrecken, wenn sie gegen Personen außerhalb der Grenzen seiner eigenen Religionsgemeinschaft gerichtet sind.
Diese Gefahr existiert jedoch nur in dem Stadium von Bhakti, das als das »der Vorbereitung dienende« (Gauni) bezeichnet wird. Sobald Bhakti voll entwickelt und in die als »das Höchste« (Parâ) bezeichnete Form übergegangen ist, sind diese hässlichen Erscheinungsformen des Fanatismus nicht länger zu befürchten; jene Seele, von dieser höheren Form des Bhakti überwältigt, ist dem Gott der Liebe viel zu nahe, als dass sie an der Ausbreitung von Hass noch mitwirken könnte.
Nicht allen von uns ist es möglich, in diesem Leben unseren Charakter harmonisch zu entwickeln, doch wir wissen, dass eben jener Charakter, in dem alle drei Komponenten – Wissen, Liebe und Yoga – harmonisch vereint sind, der edelste ist. Für einen Vogel gibt es zum Fliegen drei Voraussetzungen – die beiden Flügel und der Schwanz als Steuerungsruder. Jnâna (Wissen) ist der eine Flügel, Bhakti (Liebe) ist der andere, und Yoga ist der Schwanz, der das Gleichgewicht aufrecht erhält. Diejenigen, die nicht alle diese drei Formen der Verehrung in Harmonie zusammen ausüben können und sich daher Bhakti alleine als ihren Weg zu eigen machen, müssen immer im Gedächtnis behalten, dass trotz ihrer absoluten Notwendigkeit für die sich entwickelnde Seele, Formen und Zeremonien lediglich dazu dienen, uns in jenen Bewusstseinszustand zu erheben, in dem wir die intensivste Liebe zu Gott fühlen.
Die Meinungen zwischen den Lehrern des Wissens und jenen der Liebe gehen ein wenig auseinander, obwohl beide die Macht von Bhakti anerkennen. Die Jnânis erachten Bhakti als ein Mittel zur Befreiung, die Bhaktas sehen es sowohl als das Mittel als auch das Ziel an. Meiner Meinung nach ist dies eine sehr fadenscheinige Unterscheidung. Tatsächlich ist es so, dass Bhakti, als Mittel benutzt, wirklich eine niedere Form der Verehrung ist und die höhere Form in einem späteren Stadium von der niederen Verwirklichung nicht mehr zu trennen sein wird. Jeder scheint sehr großen Wert auf die Besonderheiten seiner ihm eigenen Methode der Verehrung zu legen, wobei vergessen wird, dass im Zustand der vollkommenen Liebe nach dem wahren Wissen nicht mehr gesucht werden muss, und dass die wahre Liebe vom vollkommenen Wissen untrennbar ist.
Indem wir dies berücksichtigen, wollen wir nun zu verstehen versuchen, was die großen vedischen Kommentatoren zu dem Thema zu sagen haben. In seiner Erklärung des Sutra Âvrittirasakridupadeshât (Meditation ist notwendig, diese soll oft praktiziert werden), sagt Bhagavân Shankara: »So sagen die Menschen, ›Er ist dem König treu ergeben, er ist dem Guru treu ergeben‹, sie sagen dies über den, der seinem Guru folgt und es tut, indem er jenes Folgen als alleiniges Ziel vor Augen hat. Gleichermaßen sagen sie ›Die liebende Ehefrau meditiert über ihren liebenden Ehemann‹, hiermit ist auch eine Art eifriger und kontinuierlicher Erinnerung gemeint«. Laut Shankara ist dies Hingabe.
»Meditation wiederum ist eine ständige Erinnerung (an die Sache, über die meditiert wird), die wie ein ununterbrochener Strom Öl fließt, von einem ins nächste Gefäß geleert. Sobald diese Art des Erinnerns (in Beziehung zu Gott) erreicht worden ist, brechen alle Fesseln; so wird es in den Schriften über das fortwährende Erinnern als Mittel zur Befreiung beschrieben. Dieses Erinnern wiederum ist von derselben Art wie das Sehen, weil sie dieselbe Bedeutung haben wie in dem Textabschnitt: ›Wenn Er, der fern und zugleich nah ist, gesehen wird, werden die Fesseln des Herzens gesprengt, alle Zweifel lösen sich auf und alle Folgen der Arbeit schwinden dahin.‹ Er, der nahe ist, kann gesehen werden, aber an den, der fern ist, kann man sich nur erinnern. Dennoch sagt die Schrift, dass man Ihn, der nahe ist, genauso sehen muss wie Ihn, der fern ist, und sie weist uns dadurch darauf hin, dass die oben genannte Art des Erinnerns dem Sehen ebenbürtig ist. In ihrer erhabenen Form entspricht diese Erinnerung dem Sehen. … Verehrung ist die fortwährende Erinnerung, wie man den essenziellen Texten der Schriften entnehmen kann. Wissen, was dasselbe wie wiederholte Verehrung ist, ist als fortwährendes Erinnern beschrieben worden. … Somit wird das Gedächtnis, das sich bis zum höchsten Grad von dem ausgebildet hat, was der direkten Wahrnehmung entspricht, in den Shruti als Mittel zur Befreiung bezeichnet. ›Âtman kann weder durch die verschiedenen wissenschaftlichen Methoden noch durch den Intellekt erreicht werden, auch nicht durch intensives Studium der Veden. Nach wem auch immer Âtman begehrt, der erlangt Âtman, ihm offenbart sich Âtman‹. Nachdem gesagt wurde, dass bloßes Hören, Denken und Meditieren keine Mittel zum Erreichen des Âtman sind, wird hierzu wiederum gesagt, ›Nach wem dieser Âtman begehrt, der erlangt den Âtman‹. Das über alle Maßen Geliebte wird begehrt; von wem auch immer Âtman über alle Maße geliebt wird, der wird zum meist geliebten des Âtman. So kann dieser Geliebte Âtman erlangen, der Herr selbst hilft ihm; denn der Herr hat gesagt: ›Jene, die ständig mit MIR verbunden sind und MICH in Liebe verehren – deren Willen lenke ich in die Richtung, die zu MIR führt‹. Daher wird gesagt, dass, wem auch immer dieses Erinnern, das der direkten Wahrnehmung entspricht, sehr am Herzen liegt, da ihm sehr am Erreichen einer solchen gedächtnisorientierten Wahrnehmung liegt, wird begehrt vom Höchsten Âtman; er erlangt das Höchste Âtman. Dieses fortwährende Erinnern wird mit dem Wort Bhakti bezeichnet.« So sagt Bhagavân Râmanuja in seinem Kommentar zum Sutra Athâto Brahmâ-jijnâsâ (hierauf folgt eine Abhandlung über die Lehre der Brahmân).
In seinem Kommentar über die Sutren von Patanjali, Ishvara pranidhânâdva, d.h. »Oder durch die Verehrung des Höchsten Herrn« – sagt Bhoja, »Pranidhâna ist jene Art von Bhakti, in der ohne nach Ergebnissen wie zum Beispiel Sinnesfreuden etc. zu suchen, alle Arbeiten dem Lehrer aller Lehrer gewidmet sind.« Auch Bhagavân Yvâsa definiert Pranidhâna in seinem Kommentar zum selben Thema als »die Art von Bhakti, bei der die Gnade des Höchsten Herrn dem Yogi zuteil wird, ihn segnet, indem ihm sein Begehren gewährt wird.« Bhakti ist nach Shândilya »die innige Liebe zu Gott«. Die beste Definition jedoch stammt vom König der Bhaktas, Prahlâda:
»Jene unsterbliche Liebe, welche die Unwissenden den vergänglichen Dingen der Sinne entgegenbringen – während ich weiter über Dich meditiere – jene Liebe darf nicht aus meinem Herzen schwinden!« Liebe! Für wen? Für den Höchsten Herrn Ishvara. Bei der Liebe zu irgendeinem anderen Wesen, wie groß sie auch sei, kann es sich nicht um Bhakti handeln; denn, wie Râmânuja in seinem Shri Bhâshya sagt, indem er einen alten Âchârya, d.h. einen großen Lehrer, zitiert:
»Von Bramâ bis zu einem Büschel Gras sind alle Lebensformen durch das Karma in der Welt Sklaven von Geburt und Tod. Daher können sie als Meditationsobjekte nicht dienlich sein, da sie alle unwissend sind und dem Wandel unterliegen.« Der Kommentator Svapneshvara sagt in seinem Kommentar über das von Shandilya benutzte Wort Anurakti, dass Anu ’danach’ und Rakti ’Verbindung’ bedeutet; das heißt, die Verbindung, die auf das Wissen über das Wesen und den Glanz Gottes folgt. Andernfalls wäre Bhakti eine ziellose Verbindung mit irgendjemandem, z.B. Frau oder Kindern. Wir erkennen daher unmissverständlich, dass Bhakti eine Reihe oder Aufeinanderfolge mentaler, auf religiöse Erkenntnis abzielender Bemühungen ist, wobei der Anfang in gewöhnlichen Verehrung liegt und das Ende in höchster Intensität der Liebe zu Ishvara gipfelt.