Email ans Universum

„Dieses Buch beabsichtigt, die Art und Weise, wie du die Welt wahrnimmst/begreifst, zu verändern, ohne Drogen, Trommeln oder Voodoo, sondern einfach dadurch, indem es die Worte auf eine ganz bestimmte Weise verwendet.“ (Robert Anton Wilson)

 

 

Aus dem Buch:

ooo
Dieses Buch beabsichtigt, die Art und Weise zu verändern, in der du die Welt wahrnimmst bzw. erschaffst. Ohne Drogen nehmen zu müssen oder irgendwelches Tamtam oder Voodoo, einfach nur indem es auf ganz besondere Art und Weise Worte verwendet.

oo
Ich schrieb diese Polemiken, Gedichte, neurolinguistischen Experimente und strukturierten Mäander über einen Zeitraum von über 45 Jahren; sie repräsentieren einen Teil meines Lebenswerkes, der zuvor nicht in Buchform erhältlich war – einen Teil, den ich jetzt in dieser gedruckten Form sehen möchte.
Auf diese Weise möchte ich meine Anerkennung und den Dank zum Ausdruck bringen, den meine Arbeit folgenden Personen schuldig ist: Rémy de Gourmont für seine Methoden der Dissoziation von Ideen; Alfred Korzybski für seine Formulierung einer Generellen Semantik; Richard Bandler für seine Erfindung der Neurolinguistischen Programmierung; Buckminster Fuller für seine Synergetics; Claude Shannon und Norbert Wiener für ihre Studien der Kontrolle und Kommunikation zwischen Tieren und/oder Maschinen; und an Ezra Pound für seine Ideogramm-Methode.
Keinem von ihnen sollten Fehler oder Schnitzer zum Vorwurf gemacht werden, die ich in diesem Buch gemacht habe.

o
Ich glaube an nichts, aber ich habe viele Vermutungen.
Ich habe den dringenden Verdacht, dass in irgendeinem Sinn eine Welt „außerhalb von“ oder zumindest „unabhängig von“ meiner Wahrnehmung existiert.
Ich habe auch den Verdacht, dass diese Welt Anzeichen einer intelligenten Konstruktion aufweist. Und ich vermute, dass eine solche Intelligenz via Feedback der einzelnen Elemente aufeinander funktioniert, und zwar ohne jegliche zentralisierte Souveränität im Stile eines Despoten aus dem Orient, einer amerikanischen Behörde oder einer christlichen Theologie.
Irgendetwas lässt mich vermuten, dass sowohl Theismus als auch Atheismus darin gescheitert sind, eine derartige dezentralisierte Intelligenz zu erklären, die so reich an zirkulär-kausaler Rückkopplung ist.
Zu mehr als 50% vermute ich, dass alle „guten“ Schriften oder alle Prosa und alle Lyrik, die man mehr als einmal lesen möchte, aus einer Art „Veränderung im Bewusstsein“ hervortreten, das heißt aus einer Art kontrollierter Schizophrenie. (Bekommt keinen Schreck – ich denke, dass gute Schauspielkunst derselben Quelle entspringt.)
Manchmal vermute ich, dass das, was Blake die Vorstellungskraft der Poesie nannte, exakt diesen Gedanken in der Sprache seiner Zeit ausdrückte und dass die Heimsuchungen durch „Engel“ und „Götter“ dies in einer noch archaischeren Sprache zum Ausdruck bringt.
Über mehr als 72 Jahre sind diese Vermutungen in mir gewachsen, doch als ein eher langsamer und bedächtiger Typ besitze ich nicht die chuzpe, irgendeine von ihnen als Gewissheit darzustellen. Gebt mir noch einmal 72 Jahre und ich werde zu sichereren Schlussfolgerungen gelangen.

Teil 1

Die Passion des Antichristen

Artikel 11. So ist die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika in keinem Sinne errichtet auf der christlichen Religion; so trägt sie in sich kein Merkmal der Feindseligkeit gegen die Gesetze, Religion oder Riten der Muslime; so wie die genannten Staaten niemals in den Krieg ziehen oder einen Akt der Feindseligkeit gegenüber irgendeiner Muslimischen Nation zeigen werden, wurde von den Parteien offiziell erklärt, dass unter keinem auf religiöser Meinung basierenden Vorwand jemals eine Störung der Harmonie zwischen den beiden Nationen zustande kommen soll.
(Treaty with Tripoli, verfasst von John Adams,
Vizepräsident, 1796; vom Kongress 1797 verabschiedet;
unterzeichnet von Präsident John Adams, 1797)

Solltest du jemals geglaubt haben, dass unsere Gründer vorhatten, dass diese Nation eine christliche sein solle – was bedeutet, das Christentum für alle Bürger und Bewohner zu erzwingen, sogar für Agnostiker, Buddhisten, Juden, Muslime, Atheisten, Taoisten, Sikhs, usw. – dann solltest du vielleicht etwas über unsere frühe Geschichte lesen. Ich schlage vor, dass du mit dem oben genannten Abkommen anfängst und dann einen Blick auf die erste Ergänzung unserer Verfassung wirfst und anschließend den Briefwechsel von Jefferson und Adams 1812-1826 liest.
Dies ist de jure keine christliche Nation.
Natürlich wurde dies de facto durch Lug und Betrug eine christliche Nation – vor allem durch Betrug. Das bedeutet, dass theoretisch Nicht-Christen die gleichen Rechte besitzen wie Christen, aber tatsächlich müssen sie jede Stunde eines jeden Tages in jedem Jahr in einem System, in welchem alle Richter und Politiker entweder Christen sind oder dies klugerweise vorgeben zu sein, für diese Rechte kämpfen.
Ich schrieb das Original des folgenden Textes 1965 für ein mittlerweile nicht mehr existierendes Journal namens „Fact“. Nach 40 Jahren ist dieser Text es wert, wiederbelebt zu werden, weil die Christen, mit Hanswurst im Weißen Haus, wieder ausgelassen und unverblümt bösartig geworden sind …
Vier Jahre lang mussten die Bürger Baltimores einen Atheisten in ihrer Mitte ertragen. Nicht nur irgendeinen Atheisten, sollte man meinen, sondern den niederträchtigsten Atheisten Amerikas: Madalyn Murray, jene Frau, die ein Gerichtsverfahren anstrebte und den Obersten Gerichtshof schließlich dazu brachte, monotheistische Gebete aus den öffentlichen Schulen zu verbannen. Von dem Zeitpunkt an, da dieses Gerichtsverfahren die Aufmerksamkeit auf die guten Bürger Baltimores lenkte, trachteten sie danach, Madalyn Murray loszuwerden. Und im Juni 1964 schafften sie es schließlich. Das Ergebnis ihrer Methoden war, dass Madalyn jetzt auf Hawaii im Exil lebt. Einer ihrer Arme ist zum Teil gelähmt, ihr Haar im Alter von 44 Jahren fast vollständig ergraut, ihre Organisation – die Freethought Society of America – wurde ihr entrissen, ihr Bruder ist arbeitslos und ihr Sohn untersteht psychiatrischer Beobachtung. Dennoch brachte das schlimmste Opfer von allen die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika, die aus dieser Affäre wesentlich lädierter hervorging als die Familie Murray.
Jene Leute, die sich traditionellerweise um die bürgerlichen Freiheiten sorgen, protestierten nicht sonderlich gegen den Fall Madalyn Murrays. Vielleicht, weil sie ihn einfach nur unglaublich fanden. Als ich auf Hawaii zu Besuch war und dort mit Madalyn Murrays Anwalt, Hyman Greenstein, sprach, teilte dieser mir offen mit, dass selbst er Madalyns Geschichte nicht ganz glauben konnte, als er zustimmte, sie das erste Mal zu vertreten. „Sie war ein Mensch mit Problemen“, sagte er. „Das war offensichtlich. Aber ich war sicher, dass sie übertrieb und das Geschehene dramatisierte. Ich konnte nicht glauben, dass so etwas in den Vereinigten Staaten passieren könnte. Dann fuhr ich nach Baltimore und ermittelte. Glauben Sie mir, Jack Ruby war in Dallas keiner schlimmeren Vorverurteilung ausgesetzt, als es Madalyn Murray in Baltimore war.“
Um die Geschichte von Madalyn Murray zu verstehen, muss man zuerst die Stadt Baltimore und den Staat Maryland verstehen, und niemand in Amerika kann einen darauf vorbereiten. Auch wenn die Väter dieser Nation nicht vorhatten, dass dies hier eine ausschließlich christliche Nation sein solle, so bleibt Maryland in jedem Fall ein christlicher Staat.
Stellt euch Spanien in den Tagen der Inquisition vor, übertragen auf die Vereinigten Staaten von Amerika. Maryland wurde nach der Jungfrau Maria benannt; es wurde von Katholiken gegründet; es ist immer noch überwiegend katholisch; 17% des gesamten Besitzes in diesem Staat gehört der Katholischen Kirche, welche keine Steuern dafür zahlt. Maryland ist der einzige Staat in den USA, der eine religiöse Qualifikation für Richter verlangt; der einzige Staat, der eine religiöse Qualifikation für Juroren verlangt; der einzige Staat, der eine religiöse Qualifikation für Zeugen verlangt. Daher durften weder Madalyn Murray für sich selbst noch irgendein anderer Atheist als Zeuge für sie aussagen.
Dazu kommt, dass die Gesetze dort seit 1789 nicht mehr überarbeitet wurden. Viele Strafen des alten englischen Gewohnheitsrechts, das woanders abgeschafft wurde, sind hier verewigt. Es ist besonders grausam für Madalyn Murray, die in acht Fällen der Körperverletzung gegen Polizeibeamte (sie behauptete, dass eigentlich sie von den Polizisten angegriffen wurde) unter Anklage stand, dass die Gesetze in Maryland keine Höchststrafe für Körperverletzung festgesetzt haben. Ein Richter kann die Höhe einer Gefängnisstrafe nach beliegigem Ermessen verhängen, also wie ihm gerade der Sinn danach steht – und die Richter in Baltimore sind nicht gerade für ihre Schwäche für Madalyn Murray bekannt.
Die Gesetze Marylands mit ihren Bräuchen und ihrer ständigen Gewalt sind mittelalterlich und haben es verdient, faschistisch genannt zu werden. Es ist fester Bestandteil des Südens: Der Gestank des Hasses verpestet die Luft wie der Smog in Los Angeles und der Ruß in New York. Im letzten Jahr wurden Häuser von Schwarzen beschossen. Rede mit einem Taxifahrer in Baltimore über das „Farbigen-Problem“ und er versprüht Hass wie ein Stinktier seinen Gestank – in drei Minuten wird er sich 90% der Foltern und Qualen einfallen lassen, die sich Marquis de Sade in vielen Jahren erträumen musste – mit „Martin Luther Coon“ als Lieblingsopfer und gleich danach dem Obersten Bundesrichter Earl Warren.
Vor nicht allzu langer Zeit endete eine allgemein bekannt gewordene Hinrichtung in Baltimore damit, dass jemand aus dem Mob dem gelynchten Mann die Zehen und Ohren abschnitt. Mit Sicherheit finden sich die Ohren und Zehen auf dem Kaminsims von jemandem wieder, der wahrscheinlich sehr stolz darauf ist. Wetten, dass! Er wird sie seinen Gästen mit den Worten zeigen: „Hab’ die Dinger im Kampf gegen den Kommunismus erbeutet.“
In dieser einengenden Umgebung, die vielleicht im 13. Jahrhundert normal war, stand Madalyn Murray auf und erklärte sich selbst zum Atheisten, zum Anarchisten und zum Integrationisten. In dieser Umgebung erkämpfte sie einen Sieg beim Obersten Gerichtshof, der daraufhin Gebete in öffentlichen Schulen abschaffen musste. In dieser Umgebung nahm sie Mae Mallory, eine von den Behörden in North Carolina gesuchte temperamentvolle und militante Schwarze, bei sich zu Hause und in ihrer Freethought Society of America auf.
Und in diesem Umfeld strebte Madalyn Murray, nachdem sie ihren Schulgebets-Prozess gewonnen hatte, einen weiteren Prozess an, um die Regierung der Vereinigten Staaten dazu zu zwingen, Kirchenbesitz genauso zu versteuern wie jeden anderen Besitz auch.
In der März-/Aprilausgabe der Fact von 1964 verfasste ich das erste Profil Madalyn Murrays, das in einer großen Zeitschrift erschien. Darin beschreibe ich einige typische Reaktionen auf Madalyns Aktivitäten:

– die Briefe frommer Personen strömten Tag für Tag herein …“Du solltest abgeknallt werden!“, „Warum wäschst du deine dreckige Wäsche nicht in Russland?“, „DU VÄRDAMDES TIERR“, „Ich werde dich TÖDDEN!“ …
– einen Tag vor Weihnachten wurde ein Stein durch ihr Fenster geschmissen, dabei wurde ein Schaden von 67 Dollar verursacht …
– die Telefonanrufe sind ein Trommelfeuer von Beleidigungen, Obszönitäten, Drohungen und psychotischen Ausschweifungen …
– ihr älterer Sohn Bill, jetzt 17 Jahre alt, wurde mehr als 100 Mal von Horden katholischer Gleichaltriger verprügelt.
– ihr jüngerer Sohn Garth, 9 Jahre alt, bekam durch die ständigen Beleidigungen anderer Jungs Alpträume.
– als ich in ihrem Büro saß und sie interviewte, fuhr ein Schulbus vorbei. Die Kinder steckte ihre Köpfe aus dem Fenster und schrieen: „Kommi, Kommi, Kommi!“

Am 1. April 1964 erschien mein Artikel an den Zeitungsständen. Einige Wochen später schrieb mir Madalyn Murray, dass Schwärme und Bataillone von Reportern von Time und Life einfielen, um sie zu interviewen. Sie bezogen ihre Fragen auf meinen Artikel.
(Sowohl Time als auch Life klauten später meine Überschrift „Die meistgehasste Frau in Amerika“.)
„Alle versuchen, irgendwelche Fehler in deinem Artikel aufzudecken“, erzählte mir Madalyn. „Sie sind beleidigt, weil Fact Fehler bei der Time enthüllt hat, und jetzt wollen sie sich revanchieren.“ Sie haben nicht einen Fehler in meinem Artikel gefunden, obwohl sie einmal dachten, dass es so wäre. Ein gewisser Mr. Michael McManus vom Büro der Time in Washington rief Madalyn an und beschuldigte sie, mich bezüglich ihrer Armeelaufbahn angelogen zu haben. „Sie waren nicht in Eisenhowers Stab!“, brüstete er sich und krächzte weiter: „Sie haben North Carolina niemals verlassen.“
Madalyns Mädchenname war Madalyn Mays und Time war in den Besitz der Militärakte einer anderen Madalyn Mays gekommen.
Der Artikel erschien am 15. Mai in der Time und Madalyn schrieb mir, dass jetzt auch der Esquire und die Saturday Evening Post Geschichten über sie verfassten. Baltimore fand sich jetzt selbst immer mehr im Rampenlicht als Hauptstadt der Atheisten wieder – und das mochte Baltimore überhaupt nicht.
Madalyns Katze wurde erdrosselt.
Eine Reihe von Briefen, abgestempelt in Baltimore, bekam einen fortschreitend hässlicheren Ton: „Du liest das besser sehr aufmerksam! Es könnte das letzte sein, was du jemals liest. Jemand wird dir eine Kugel in deinen fetten Arsch jagen, du Abschaum, du männliches Miststück einer Lesbe!“
„Es wird endlich Zeit dich zu töten. Oder vielleicht deinen kleinen süßen Jungen. Der Bastard sieht aus wie eine Schwuchtel. Du bist eine Hure und dein Sohn ist ein Bastard.“
„Schlampe! Schlampe! Schlampe! Hurenschlampe aus der Hölle!“
In der Hoffnung, ihn eines Tages unter dem Titel „Briefe von Christen“ zu veröffentlichen, heftete Madalyn alle diese Briefe in einem Ordner ab. Allerdings ging es ihr zunehmend unter die Haut, dass die Mordlust in diesen Briefen durch ein gesteigertes öffentliches Interesse an ihrer Person zunahm und so kaufte sie Tsar, einen riesigen Deutschen Schäferhund, dem sie beibrachte, auf Befehl anzugreifen.
Währenddessen begann jemand im Postamt Baltimore damit, die ersten drei Buchstaben ihres Namens systematisch zu unterstreichen, so dass sie ihre gesamte Post frech adressiert mit „Madalyn Murray“ erreichte. Madalyn beschwerte sich beim Leiter des Postamtes und wurde später darüber aufgeklärt, dass eine Untersuchung erfolglos geblieben war, der Täter nicht ermittelt werden konnte, obwohl ihre Post weiterhin entstellt zugestellt wurde.
Dann, ganz plötzlich, kam gar keine Post mehr. Madalyn beschwerte sich beim Leiter des Postamts in Baltimore und beim Chef der Postzentrale in Washington, jedoch ohne direkten Erfolg.
Schließlich bekam sie den Anruf eines unbekannten Kommunisten, der ihr erzählte, dass ihre Post der Kommunistischen Partei Marylands zugestellt wurde. Die Führer der Kommunistischen Partei hegten schon lange einen Groll gegen Madalyn („Alle Kommunisten hegen schon lange einen Groll gegen alle Anarchisten.“ sagte Madalyn). Sie hatten sich nicht darum gekümmert Madalyn mitzuteilen, dass sie ihre Post erhalten hätten. Madalyn beschwerte sich erneut beim Chef der Postzentrale und bekam ihre Post bald wieder zugestellt. Es dauerte jedoch nicht lange, bis das Unterstreichen in „Madalyn Murray“ wieder anfing.
Die guten Christen Baltimores dachten sich weitere Schikanen aus.
Jeden Tag wurden die Müllcontainer vor Madalyns Büro umgekippt, bevor sie abgeholt werden konnten. Nahezu jedes Mal, wenn ihr Sohn Bill mit dem Auto unterwegs war, erhielt er Strafzettel.
Irgendjemand schlich sich nachts in ihren Garten, wurde von Tsar angegriffen und rammte dem Hund ein Stück Holz in den Hals.
Als sie eines Morgens in ihr Büro kam, traf sie auf zwei Beamte des Städtischen Bauamtes, die gerade in ihren Briefen herumschnüffelten. Als sie versuchte, diese wegen unbefugten Betretens verhaften zu lassen, wollte kein Richter einen Haftbefehl ausstellen.
Alle ihre Bemühungen, diese Schikanen zu bewältigen, brachten Madalyn weitere Schwierigkeiten. Um mit dem Müllproblem fertig zu werden, durchforstete sie die Gesetze von Baltimore und fand heraus, dass jeder Geschäftsbetrieb eine eigene Müllverbrennungsanlage betreiben konnte, falls diese die gesetzlich vorgeschriebenen Abmessungen besaß. Sie kaufte eine Verbrennungsanlage, die jene Ansprüche erfüllte, aber als Madalyn die Anlage zum ersten Mal in Betrieb nahm, eilten Feuerwehrfahrzeuge mit heulenden Sirenen heran und löschten den Brand.
Als Madalyn den Feuerwehrchef auf das Gesetz verwies, entgegnete dieser, dass die Verbrennungsanlage seinem entscheidenden Urteil nach unsicher war.
Madalyn suchte sich die eklatantesten Anklagen gegen ihren Sohn Bill wegen verschiedener Verkehrsverstöße heraus und ging damit vor Gericht. Obwohl zwei Zeugen, darunter der Sohn eines Polizisten, aussagten, dass Bill diese Verstöße nicht begangen hätte (über eine rote Ampel gefahren zu sein), sprach ihn das Gericht schuldig.
Madalyn schlug zurück. Ihr Anwalt zu dieser Zeit, Leonard Kerpelman, fand beim Studium seiner Rechtsbücher heraus, dass ein Bürger, der bei einem Verfahren keinen Schadensersatz von einem Gericht zugesprochen bekam, direkt bei einem Großen Geschworenengericht in Berufung gehen konnte. Madalyn überzeugte ihn davon, diesen letzten Versuch zu unternehmen, um Ansprüche gegen die in ihr Büro eingedrungenen Inspektoren des Bauamtes geltend zu machen.
Ein paar Stunden später erhielt Madalyn einen verzweifelten Anruf. Kerpelman saß im Gefängnis. Er hatte am Amtssitz des Großen Geschworenengerichts vorgesprochen und war augenblicklich für Missachtung des Gerichts verhaftet worden. Kerpelman wurde zu Richter T. Barton Harrington gebracht, eiligst verurteilt und mit einem Bußgeld von 25 Dollar belegt. Da er nur 24,78 Dollar in seinen Taschen hatte, sperrte man Kerpelman in den Knast.
Madalyn zahlte das Bußgeld und holte ihn raus. Kerpelman war von dem Experiment allerdings erschüttert und zeigte eine zunehmende Abneigung dagegen, sie weiterhin juristisch zu vertreten. Zudem veräng-stigte es ihn, dass Madalyns Feinde diese Verurteilung wegen Missachtung des Gerichts dazu benutzen könnten, ihm die Zulassung als Anwalt zu entziehen. Um das abzuwenden, ging er gegen seine Verurteilung in Berufung. Eigenartigerweise wurde er dabei von William L. Marbury und Marvin Braiterman vertreten. Während der Verhandlung von Madalyns „Steuern-für-die-Kirche“-Fall war Marbury als Rechtsanwalt für die Römisch-Katholische Kirche tätig. Braiterman war in eben diesem Fall als Anwalt für die Anglikanische Kirche beschäftigt.
Die beiden erschienen vor Richter Michael J. Manley und überzeugten ihn, die Anklage gegen Kerpelman fallen zu lassen. Dieses war der erste (und einzige) in der Stadt Baltimore gewonnene Gerichtsfall von jemandem, der einmal mit Madalyn Murray zusammengearbeitet hatte.

„Dieses Buch beabsichtigt, die Art und Weise, wie du die Welt wahrnimmst/begreifst, zu verändern, ohne Drogen, Trommeln oder Voodoo, sondern einfach dadurch, indem es die Worte auf eine ganz bestimmte Weise verwendet.“ (Robert Anton Wilson)

 

 

Aus dem Buch:

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Dieses Buch beabsichtigt, die Art und Weise zu verändern, in der du die Welt wahrnimmst bzw. erschaffst. Ohne Drogen nehmen zu müssen oder irgendwelches Tamtam oder Voodoo, einfach nur indem es auf ganz besondere Art und Weise Worte verwendet.

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Ich schrieb diese Polemiken, Gedichte, neurolinguistischen Experimente und strukturierten Mäander über einen Zeitraum von über 45 Jahren; sie repräsentieren einen Teil meines Lebenswerkes, der zuvor nicht in Buchform erhältlich war – einen Teil, den ich jetzt in dieser gedruckten Form sehen möchte.
Auf diese Weise möchte ich meine Anerkennung und den Dank zum Ausdruck bringen, den meine Arbeit folgenden Personen schuldig ist: Rémy de Gourmont für seine Methoden der Dissoziation von Ideen; Alfred Korzybski für seine Formulierung einer Generellen Semantik; Richard Bandler für seine Erfindung der Neurolinguistischen Programmierung; Buckminster Fuller für seine Synergetics; Claude Shannon und Norbert Wiener für ihre Studien der Kontrolle und Kommunikation zwischen Tieren und/oder Maschinen; und an Ezra Pound für seine Ideogramm-Methode.
Keinem von ihnen sollten Fehler oder Schnitzer zum Vorwurf gemacht werden, die ich in diesem Buch gemacht habe.

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Ich glaube an nichts, aber ich habe viele Vermutungen.
Ich habe den dringenden Verdacht, dass in irgendeinem Sinn eine Welt „außerhalb von“ oder zumindest „unabhängig von“ meiner Wahrnehmung existiert.
Ich habe auch den Verdacht, dass diese Welt Anzeichen einer intelligenten Konstruktion aufweist. Und ich vermute, dass eine solche Intelligenz via Feedback der einzelnen Elemente aufeinander funktioniert, und zwar ohne jegliche zentralisierte Souveränität im Stile eines Despoten aus dem Orient, einer amerikanischen Behörde oder einer christlichen Theologie.
Irgendetwas lässt mich vermuten, dass sowohl Theismus als auch Atheismus darin gescheitert sind, eine derartige dezentralisierte Intelligenz zu erklären, die so reich an zirkulär-kausaler Rückkopplung ist.
Zu mehr als 50% vermute ich, dass alle „guten“ Schriften oder alle Prosa und alle Lyrik, die man mehr als einmal lesen möchte, aus einer Art „Veränderung im Bewusstsein“ hervortreten, das heißt aus einer Art kontrollierter Schizophrenie. (Bekommt keinen Schreck – ich denke, dass gute Schauspielkunst derselben Quelle entspringt.)
Manchmal vermute ich, dass das, was Blake die Vorstellungskraft der Poesie nannte, exakt diesen Gedanken in der Sprache seiner Zeit ausdrückte und dass die Heimsuchungen durch „Engel“ und „Götter“ dies in einer noch archaischeren Sprache zum Ausdruck bringt.
Über mehr als 72 Jahre sind diese Vermutungen in mir gewachsen, doch als ein eher langsamer und bedächtiger Typ besitze ich nicht die chuzpe, irgendeine von ihnen als Gewissheit darzustellen. Gebt mir noch einmal 72 Jahre und ich werde zu sichereren Schlussfolgerungen gelangen.

Teil 1

Die Passion des Antichristen

Artikel 11. So ist die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika in keinem Sinne errichtet auf der christlichen Religion; so trägt sie in sich kein Merkmal der Feindseligkeit gegen die Gesetze, Religion oder Riten der Muslime; so wie die genannten Staaten niemals in den Krieg ziehen oder einen Akt der Feindseligkeit gegenüber irgendeiner Muslimischen Nation zeigen werden, wurde von den Parteien offiziell erklärt, dass unter keinem auf religiöser Meinung basierenden Vorwand jemals eine Störung der Harmonie zwischen den beiden Nationen zustande kommen soll.
(Treaty with Tripoli, verfasst von John Adams,
Vizepräsident, 1796; vom Kongress 1797 verabschiedet;
unterzeichnet von Präsident John Adams, 1797)

Solltest du jemals geglaubt haben, dass unsere Gründer vorhatten, dass diese Nation eine christliche sein solle – was bedeutet, das Christentum für alle Bürger und Bewohner zu erzwingen, sogar für Agnostiker, Buddhisten, Juden, Muslime, Atheisten, Taoisten, Sikhs, usw. – dann solltest du vielleicht etwas über unsere frühe Geschichte lesen. Ich schlage vor, dass du mit dem oben genannten Abkommen anfängst und dann einen Blick auf die erste Ergänzung unserer Verfassung wirfst und anschließend den Briefwechsel von Jefferson und Adams 1812-1826 liest.
Dies ist de jure keine christliche Nation.
Natürlich wurde dies de facto durch Lug und Betrug eine christliche Nation – vor allem durch Betrug. Das bedeutet, dass theoretisch Nicht-Christen die gleichen Rechte besitzen wie Christen, aber tatsächlich müssen sie jede Stunde eines jeden Tages in jedem Jahr in einem System, in welchem alle Richter und Politiker entweder Christen sind oder dies klugerweise vorgeben zu sein, für diese Rechte kämpfen.
Ich schrieb das Original des folgenden Textes 1965 für ein mittlerweile nicht mehr existierendes Journal namens „Fact“. Nach 40 Jahren ist dieser Text es wert, wiederbelebt zu werden, weil die Christen, mit Hanswurst im Weißen Haus, wieder ausgelassen und unverblümt bösartig geworden sind …
Vier Jahre lang mussten die Bürger Baltimores einen Atheisten in ihrer Mitte ertragen. Nicht nur irgendeinen Atheisten, sollte man meinen, sondern den niederträchtigsten Atheisten Amerikas: Madalyn Murray, jene Frau, die ein Gerichtsverfahren anstrebte und den Obersten Gerichtshof schließlich dazu brachte, monotheistische Gebete aus den öffentlichen Schulen zu verbannen. Von dem Zeitpunkt an, da dieses Gerichtsverfahren die Aufmerksamkeit auf die guten Bürger Baltimores lenkte, trachteten sie danach, Madalyn Murray loszuwerden. Und im Juni 1964 schafften sie es schließlich. Das Ergebnis ihrer Methoden war, dass Madalyn jetzt auf Hawaii im Exil lebt. Einer ihrer Arme ist zum Teil gelähmt, ihr Haar im Alter von 44 Jahren fast vollständig ergraut, ihre Organisation – die Freethought Society of America – wurde ihr entrissen, ihr Bruder ist arbeitslos und ihr Sohn untersteht psychiatrischer Beobachtung. Dennoch brachte das schlimmste Opfer von allen die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika, die aus dieser Affäre wesentlich lädierter hervorging als die Familie Murray.
Jene Leute, die sich traditionellerweise um die bürgerlichen Freiheiten sorgen, protestierten nicht sonderlich gegen den Fall Madalyn Murrays. Vielleicht, weil sie ihn einfach nur unglaublich fanden. Als ich auf Hawaii zu Besuch war und dort mit Madalyn Murrays Anwalt, Hyman Greenstein, sprach, teilte dieser mir offen mit, dass selbst er Madalyns Geschichte nicht ganz glauben konnte, als er zustimmte, sie das erste Mal zu vertreten. „Sie war ein Mensch mit Problemen“, sagte er. „Das war offensichtlich. Aber ich war sicher, dass sie übertrieb und das Geschehene dramatisierte. Ich konnte nicht glauben, dass so etwas in den Vereinigten Staaten passieren könnte. Dann fuhr ich nach Baltimore und ermittelte. Glauben Sie mir, Jack Ruby war in Dallas keiner schlimmeren Vorverurteilung ausgesetzt, als es Madalyn Murray in Baltimore war.“
Um die Geschichte von Madalyn Murray zu verstehen, muss man zuerst die Stadt Baltimore und den Staat Maryland verstehen, und niemand in Amerika kann einen darauf vorbereiten. Auch wenn die Väter dieser Nation nicht vorhatten, dass dies hier eine ausschließlich christliche Nation sein solle, so bleibt Maryland in jedem Fall ein christlicher Staat.
Stellt euch Spanien in den Tagen der Inquisition vor, übertragen auf die Vereinigten Staaten von Amerika. Maryland wurde nach der Jungfrau Maria benannt; es wurde von Katholiken gegründet; es ist immer noch überwiegend katholisch; 17% des gesamten Besitzes in diesem Staat gehört der Katholischen Kirche, welche keine Steuern dafür zahlt. Maryland ist der einzige Staat in den USA, der eine religiöse Qualifikation für Richter verlangt; der einzige Staat, der eine religiöse Qualifikation für Juroren verlangt; der einzige Staat, der eine religiöse Qualifikation für Zeugen verlangt. Daher durften weder Madalyn Murray für sich selbst noch irgendein anderer Atheist als Zeuge für sie aussagen.
Dazu kommt, dass die Gesetze dort seit 1789 nicht mehr überarbeitet wurden. Viele Strafen des alten englischen Gewohnheitsrechts, das woanders abgeschafft wurde, sind hier verewigt. Es ist besonders grausam für Madalyn Murray, die in acht Fällen der Körperverletzung gegen Polizeibeamte (sie behauptete, dass eigentlich sie von den Polizisten angegriffen wurde) unter Anklage stand, dass die Gesetze in Maryland keine Höchststrafe für Körperverletzung festgesetzt haben. Ein Richter kann die Höhe einer Gefängnisstrafe nach beliegigem Ermessen verhängen, also wie ihm gerade der Sinn danach steht – und die Richter in Baltimore sind nicht gerade für ihre Schwäche für Madalyn Murray bekannt.
Die Gesetze Marylands mit ihren Bräuchen und ihrer ständigen Gewalt sind mittelalterlich und haben es verdient, faschistisch genannt zu werden. Es ist fester Bestandteil des Südens: Der Gestank des Hasses verpestet die Luft wie der Smog in Los Angeles und der Ruß in New York. Im letzten Jahr wurden Häuser von Schwarzen beschossen. Rede mit einem Taxifahrer in Baltimore über das „Farbigen-Problem“ und er versprüht Hass wie ein Stinktier seinen Gestank – in drei Minuten wird er sich 90% der Foltern und Qualen einfallen lassen, die sich Marquis de Sade in vielen Jahren erträumen musste – mit „Martin Luther Coon“ als Lieblingsopfer und gleich danach dem Obersten Bundesrichter Earl Warren.
Vor nicht allzu langer Zeit endete eine allgemein bekannt gewordene Hinrichtung in Baltimore damit, dass jemand aus dem Mob dem gelynchten Mann die Zehen und Ohren abschnitt. Mit Sicherheit finden sich die Ohren und Zehen auf dem Kaminsims von jemandem wieder, der wahrscheinlich sehr stolz darauf ist. Wetten, dass! Er wird sie seinen Gästen mit den Worten zeigen: „Hab’ die Dinger im Kampf gegen den Kommunismus erbeutet.“
In dieser einengenden Umgebung, die vielleicht im 13. Jahrhundert normal war, stand Madalyn Murray auf und erklärte sich selbst zum Atheisten, zum Anarchisten und zum Integrationisten. In dieser Umgebung erkämpfte sie einen Sieg beim Obersten Gerichtshof, der daraufhin Gebete in öffentlichen Schulen abschaffen musste. In dieser Umgebung nahm sie Mae Mallory, eine von den Behörden in North Carolina gesuchte temperamentvolle und militante Schwarze, bei sich zu Hause und in ihrer Freethought Society of America auf.
Und in diesem Umfeld strebte Madalyn Murray, nachdem sie ihren Schulgebets-Prozess gewonnen hatte, einen weiteren Prozess an, um die Regierung der Vereinigten Staaten dazu zu zwingen, Kirchenbesitz genauso zu versteuern wie jeden anderen Besitz auch.
In der März-/Aprilausgabe der Fact von 1964 verfasste ich das erste Profil Madalyn Murrays, das in einer großen Zeitschrift erschien. Darin beschreibe ich einige typische Reaktionen auf Madalyns Aktivitäten:

– die Briefe frommer Personen strömten Tag für Tag herein …“Du solltest abgeknallt werden!“, „Warum wäschst du deine dreckige Wäsche nicht in Russland?“, „DU VÄRDAMDES TIERR“, „Ich werde dich TÖDDEN!“ …
– einen Tag vor Weihnachten wurde ein Stein durch ihr Fenster geschmissen, dabei wurde ein Schaden von 67 Dollar verursacht …
– die Telefonanrufe sind ein Trommelfeuer von Beleidigungen, Obszönitäten, Drohungen und psychotischen Ausschweifungen …
– ihr älterer Sohn Bill, jetzt 17 Jahre alt, wurde mehr als 100 Mal von Horden katholischer Gleichaltriger verprügelt.
– ihr jüngerer Sohn Garth, 9 Jahre alt, bekam durch die ständigen Beleidigungen anderer Jungs Alpträume.
– als ich in ihrem Büro saß und sie interviewte, fuhr ein Schulbus vorbei. Die Kinder steckte ihre Köpfe aus dem Fenster und schrieen: „Kommi, Kommi, Kommi!“

Am 1. April 1964 erschien mein Artikel an den Zeitungsständen. Einige Wochen später schrieb mir Madalyn Murray, dass Schwärme und Bataillone von Reportern von Time und Life einfielen, um sie zu interviewen. Sie bezogen ihre Fragen auf meinen Artikel.
(Sowohl Time als auch Life klauten später meine Überschrift „Die meistgehasste Frau in Amerika“.)
„Alle versuchen, irgendwelche Fehler in deinem Artikel aufzudecken“, erzählte mir Madalyn. „Sie sind beleidigt, weil Fact Fehler bei der Time enthüllt hat, und jetzt wollen sie sich revanchieren.“ Sie haben nicht einen Fehler in meinem Artikel gefunden, obwohl sie einmal dachten, dass es so wäre. Ein gewisser Mr. Michael McManus vom Büro der Time in Washington rief Madalyn an und beschuldigte sie, mich bezüglich ihrer Armeelaufbahn angelogen zu haben. „Sie waren nicht in Eisenhowers Stab!“, brüstete er sich und krächzte weiter: „Sie haben North Carolina niemals verlassen.“
Madalyns Mädchenname war Madalyn Mays und Time war in den Besitz der Militärakte einer anderen Madalyn Mays gekommen.
Der Artikel erschien am 15. Mai in der Time und Madalyn schrieb mir, dass jetzt auch der Esquire und die Saturday Evening Post Geschichten über sie verfassten. Baltimore fand sich jetzt selbst immer mehr im Rampenlicht als Hauptstadt der Atheisten wieder – und das mochte Baltimore überhaupt nicht.
Madalyns Katze wurde erdrosselt.
Eine Reihe von Briefen, abgestempelt in Baltimore, bekam einen fortschreitend hässlicheren Ton: „Du liest das besser sehr aufmerksam! Es könnte das letzte sein, was du jemals liest. Jemand wird dir eine Kugel in deinen fetten Arsch jagen, du Abschaum, du männliches Miststück einer Lesbe!“
„Es wird endlich Zeit dich zu töten. Oder vielleicht deinen kleinen süßen Jungen. Der Bastard sieht aus wie eine Schwuchtel. Du bist eine Hure und dein Sohn ist ein Bastard.“
„Schlampe! Schlampe! Schlampe! Hurenschlampe aus der Hölle!“
In der Hoffnung, ihn eines Tages unter dem Titel „Briefe von Christen“ zu veröffentlichen, heftete Madalyn alle diese Briefe in einem Ordner ab. Allerdings ging es ihr zunehmend unter die Haut, dass die Mordlust in diesen Briefen durch ein gesteigertes öffentliches Interesse an ihrer Person zunahm und so kaufte sie Tsar, einen riesigen Deutschen Schäferhund, dem sie beibrachte, auf Befehl anzugreifen.
Währenddessen begann jemand im Postamt Baltimore damit, die ersten drei Buchstaben ihres Namens systematisch zu unterstreichen, so dass sie ihre gesamte Post frech adressiert mit „Madalyn Murray“ erreichte. Madalyn beschwerte sich beim Leiter des Postamtes und wurde später darüber aufgeklärt, dass eine Untersuchung erfolglos geblieben war, der Täter nicht ermittelt werden konnte, obwohl ihre Post weiterhin entstellt zugestellt wurde.
Dann, ganz plötzlich, kam gar keine Post mehr. Madalyn beschwerte sich beim Leiter des Postamts in Baltimore und beim Chef der Postzentrale in Washington, jedoch ohne direkten Erfolg.
Schließlich bekam sie den Anruf eines unbekannten Kommunisten, der ihr erzählte, dass ihre Post der Kommunistischen Partei Marylands zugestellt wurde. Die Führer der Kommunistischen Partei hegten schon lange einen Groll gegen Madalyn („Alle Kommunisten hegen schon lange einen Groll gegen alle Anarchisten.“ sagte Madalyn). Sie hatten sich nicht darum gekümmert Madalyn mitzuteilen, dass sie ihre Post erhalten hätten. Madalyn beschwerte sich erneut beim Chef der Postzentrale und bekam ihre Post bald wieder zugestellt. Es dauerte jedoch nicht lange, bis das Unterstreichen in „Madalyn Murray“ wieder anfing.
Die guten Christen Baltimores dachten sich weitere Schikanen aus.
Jeden Tag wurden die Müllcontainer vor Madalyns Büro umgekippt, bevor sie abgeholt werden konnten. Nahezu jedes Mal, wenn ihr Sohn Bill mit dem Auto unterwegs war, erhielt er Strafzettel.
Irgendjemand schlich sich nachts in ihren Garten, wurde von Tsar angegriffen und rammte dem Hund ein Stück Holz in den Hals.
Als sie eines Morgens in ihr Büro kam, traf sie auf zwei Beamte des Städtischen Bauamtes, die gerade in ihren Briefen herumschnüffelten. Als sie versuchte, diese wegen unbefugten Betretens verhaften zu lassen, wollte kein Richter einen Haftbefehl ausstellen.
Alle ihre Bemühungen, diese Schikanen zu bewältigen, brachten Madalyn weitere Schwierigkeiten. Um mit dem Müllproblem fertig zu werden, durchforstete sie die Gesetze von Baltimore und fand heraus, dass jeder Geschäftsbetrieb eine eigene Müllverbrennungsanlage betreiben konnte, falls diese die gesetzlich vorgeschriebenen Abmessungen besaß. Sie kaufte eine Verbrennungsanlage, die jene Ansprüche erfüllte, aber als Madalyn die Anlage zum ersten Mal in Betrieb nahm, eilten Feuerwehrfahrzeuge mit heulenden Sirenen heran und löschten den Brand.
Als Madalyn den Feuerwehrchef auf das Gesetz verwies, entgegnete dieser, dass die Verbrennungsanlage seinem entscheidenden Urteil nach unsicher war.
Madalyn suchte sich die eklatantesten Anklagen gegen ihren Sohn Bill wegen verschiedener Verkehrsverstöße heraus und ging damit vor Gericht. Obwohl zwei Zeugen, darunter der Sohn eines Polizisten, aussagten, dass Bill diese Verstöße nicht begangen hätte (über eine rote Ampel gefahren zu sein), sprach ihn das Gericht schuldig.
Madalyn schlug zurück. Ihr Anwalt zu dieser Zeit, Leonard Kerpelman, fand beim Studium seiner Rechtsbücher heraus, dass ein Bürger, der bei einem Verfahren keinen Schadensersatz von einem Gericht zugesprochen bekam, direkt bei einem Großen Geschworenengericht in Berufung gehen konnte. Madalyn überzeugte ihn davon, diesen letzten Versuch zu unternehmen, um Ansprüche gegen die in ihr Büro eingedrungenen Inspektoren des Bauamtes geltend zu machen.
Ein paar Stunden später erhielt Madalyn einen verzweifelten Anruf. Kerpelman saß im Gefängnis. Er hatte am Amtssitz des Großen Geschworenengerichts vorgesprochen und war augenblicklich für Missachtung des Gerichts verhaftet worden. Kerpelman wurde zu Richter T. Barton Harrington gebracht, eiligst verurteilt und mit einem Bußgeld von 25 Dollar belegt. Da er nur 24,78 Dollar in seinen Taschen hatte, sperrte man Kerpelman in den Knast.
Madalyn zahlte das Bußgeld und holte ihn raus. Kerpelman war von dem Experiment allerdings erschüttert und zeigte eine zunehmende Abneigung dagegen, sie weiterhin juristisch zu vertreten. Zudem veräng-stigte es ihn, dass Madalyns Feinde diese Verurteilung wegen Missachtung des Gerichts dazu benutzen könnten, ihm die Zulassung als Anwalt zu entziehen. Um das abzuwenden, ging er gegen seine Verurteilung in Berufung. Eigenartigerweise wurde er dabei von William L. Marbury und Marvin Braiterman vertreten. Während der Verhandlung von Madalyns „Steuern-für-die-Kirche“-Fall war Marbury als Rechtsanwalt für die Römisch-Katholische Kirche tätig. Braiterman war in eben diesem Fall als Anwalt für die Anglikanische Kirche beschäftigt.
Die beiden erschienen vor Richter Michael J. Manley und überzeugten ihn, die Anklage gegen Kerpelman fallen zu lassen. Dieses war der erste (und einzige) in der Stadt Baltimore gewonnene Gerichtsfall von jemandem, der einmal mit Madalyn Murray zusammengearbeitet hatte.

Details zum Buch:
  • Format: 14,3 x 21 cm
  • 269 Seiten
  • Hardcover
  • ISBN: 9783933321787
  • Unser Preis: 20,00€
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Ebook:
  • Unser Preis: 4,00€
  • Format: Kindle (.prc); epub
  • ISBN: 9783943194425