Eves Welt – Liebe in Zeiten des Klimawandels

Klappentext:

„Will Richtung Bern und
100 Euro für Greenpeace.
Biete dafür eine Nacht mit mir!“

Mit diesem Schild in der Hand geht eine junge Frau auf Reise zu den uralten Geheimnissen und neuesten Erkenntnissen vom Glück und Sinn des Daseins. Begleitet von der mystischen Philosophin Diotima entdeckt Eve ihre Welt – als eine Welt der Liebe, in der das menschliche Herz nicht nur Blut transportiert, sondern auch den Sex mit der Seele und beides mit dem Kosmos verbindet. Ein vielschichtiger Einblick in menschliche Möglichkeiten, lebendiger und intensiver mit sich, anderen und letztlich allem verbunden zu sein. Ein Ausblick auf Chancen, die drohenden Klimakatastrophen zu mildern – und ein großes erotisches Abenteuer.

 

 

Aus dem Buch:

Eine Nacht für Greenpeace
Es ist ein früher, warmer Abend im August. Der Duft der ersten reifen Äpfel an den Straßenbäumen mischt sich mit den Dünsten der Autos. Unweit der Auffahrt Dresden Wilder Mann sitzt eine junge Frau auf einem Rucksack an der Straße. Einige Vorbeigehende wundern sich über ihre vergnügt strahlenden Augen – vor allem aber über das Pappschild, das sie mit der rechten Hand den Autos entgegenhält:

Will Richtung Bern und
100 Euro für Greenpeace.
Biete dafür eine Nacht mit mir!

Dutzende Autos fahren vorbei. Einige Fahrer schütteln den Kopf, als sie ihr Plakat lesen. Besonders solche, die nicht allein im Auto sind, machen verurteilende Gesten. Andere lachen oder lächeln ihr neugierig zu. Schließlich hält einer. Ein Mann mit weißem Porsche, dunklem Anzug und ersten grauen Strähnen im dunklen Haar, vielleicht Anfang vierzig. Ohne ihr in die Augen zu schauen, den Blick nur auf ihren Körper gerichtet, fragt er, was sie ihm denn für 100 Euro so alles bieten würde.
Eve hatte sich innerlich auf manche Gefahren eingestellt. Die Kaltschnäuzigkeit dieses Typen macht sie jedoch sprachlos. Als er ungeduldig auf die Uhr schaut, schüttelt sie nur mit dem Kopf, sagt: „Ihnen gar nichts!“, und geht ein Stück weiter.
Nicht lange darauf hält ein VW-Polo mit zwei jungen Männern und einer Frau Mitte Zwanzig. Alle leger gekleidet, doch die Frau, ganz in schwarzen Klamotten und mit kurzem Haarschnitt, erscheint etwas gekünstelt. Der Beifahrer spricht sie mit sympathischem Lächeln und in zögerndem, zurückhaltendem Ton an: „Ein ungewöhnliches Trampschild, was du da hast. Bietest du wirklich eine ganze Nacht mit dir gegen eine Spende für Greenpeace?“
Sein Lächeln und seine Stimme gefallen ihr und sie lässt sich auf ein Gespräch ein. „Ja, mir kam plötzlich die Idee, Greenpeace zu unterstützen, indem ich einem Mann etwas Gutes tue. So kann ich zugleich etwas für die Umwelt und für den Frieden in der Welt tun.“
„Wieso?“
„Ist es nicht offensichtlich, wie sehr vor allem ungeliebte und unglückliche Männer die Erde verwüsten?“
Das spricht offenbar die junge Frau auf dem Rücksitz an: „Ist das nicht idiotisch, die Männer auch noch mit Liebe dafür zu belohnen, dass sie all diese Kriege gegen Mensch und Natur vom Zaun brechen?“
Eve fühlt sich missverstanden, fast beleidigt. Sie entgegnet schnippisch: „Danke für das Kompliment.“ Als sie sich gerade abwenden will, giftet die Frau in Schwarz noch hinterher: „Willst du mir ernsthaft verkaufen, dass du hier aus Überzeugung stehst? Ich meine hier an der Straße wie eine …“ Weiter kommt sie nicht, denn der Beifahrer unterbricht sie. „Sarah, lass doch mal dein überhebliches Getue.“ Und zu Eve gewandt fährt er fort: „Leider fahren wir nicht nach Bern. Ich würde ja schon gern wissen, was es mit deinem Schild auf sich hat.“ Und mit fragender Stimme fügt er hinzu: „Vielleicht treffen wir uns ja irgendwo mal wieder? Wohnst du in Dresden?“
„Nein“, entgegnet Eve lächelnd. „Ich habe auch ehrlich gesagt keine Zeit für weitere Männer momentan. Hab’ schon zwei Freunde. Vielleicht fangen ja irgendwann noch mehr Frauen an, ihre Liebe für die Natur zu verschenken … Ich muss mir jetzt ein Auto suchen, da ich noch einen weiten Weg vor mir habe. Macht’s gut!“
Eve nimmt noch wahr, wie er durch ihre Ablehnung kurzzeitig etwas grimmig schaut, doch sich rasch wieder fängt. „War trotzdem schön, dich zu treffen. Viel Glück dir. Und falls du mal wieder in Dresden bist, ruf mich doch an. Hier ist meine Nummer drauf“, drückt er ihr schnell noch eine Postkarte in die Hand, als sie sich bereits abwendet.
Neugierig schaut sie sich die Karte an, auf deren Vorderseite ein Mann und eine Frau sich gegenseitig Tomaten an den Kopf werfen. Auf der Rückseite steht:

Offene Zweierbeziehung. Satirisches Drama in sechs Akten. Theaterprojekt Paradoxe Gefühle. Kontakt: Falk Ebert. Handy: 017…

Na ja, denkt Eve, vielleicht schaue ich mir das doch mal an, wenn ich in Dresden studiere. Dann hebt sie ihr Schild wieder in Richtung Straße. Fast zehn Minuten lang hält keiner. Sie beobachtet neugierig und vergnügt, wie unterschiedlich die Vorbeifahrenden auf ihr Schild reagieren – einige wirken erstaunt, andere schütteln empört den Kopf … Dann stoppt ein größerer Toyota. Er in hellem Anzug, sie in grauem Kostüm, mit aufwändig toupierten Haaren. Sie Anfang Vierzig, er schon etwas älter. Die Frau auf dem Beifahrersitz betätigt den kleinen automatischen Fensterhebeknopf.
„Wir fahren nach Nürnberg. Nicht ganz Bern, aber immerhin die Hälfte des Wegs. Mein Mann hat morgen Geburtstag und ich habe ihm schon lange versprochen, dass er mal eine jüngere Frau mit ins Bett nehmen darf. Neben mir natürlich.“ In ihrer Verwunderung, was Leuten so alles einfällt, versucht sie sich wieder zu sammeln und hört noch wie die Frau weiter redet von den Nürnberger Straßenmädchen, die jedoch nicht in Frage kommen, da ihr Mann Universitätsdirektor ist und sie fürchten, dass die Leute dann über sie reden.
Sie schüttelt den Kopf und findet eine schnelle Ausrede: „Geht nicht, da ich morgen Vormittag schon in Bern sein muss.“

Bald darauf hält ein großer Lastwagen. Heraus schaut ein Mann mit kurzem dunkelblonden Haar und etwas rauer Stimme, vielleicht Ende 30. „Ich bin vor einigen Minuten schon mal an dir vorbei gefahren. Schön, dass du noch da bist. Ich muss nämlich Richtung Bern. Weiß aber nicht so recht, was ich von dem anderen Teil deines Plakats halten soll. Du kannst ja erstmal einsteigen und es mir dann erklären“, schmunzelt er, wirkt dabei aber nicht unsympathisch.
Hm, denkt Eve. Ein LKW-Fahrer, kräftig gebaut. Sie weiß nicht so recht. Gerüchte von beim Trampen vergewaltigten Mädchen flimmern ihr durch den Sinn. Andererseits scheint er auf den ersten Blick kein gewalttätiger Typ zu sein. Ach was, gibt sie sich selbst einen Ruck, wann, wenn nicht jetzt. Wer weiß, ob noch irgendein anderer bis nach Bern fährt. Notfalls habe ich mein Spray und kann außerdem ja noch bei Tageslicht wieder aussteigen. Sie nimmt ihren Rucksack und steigt ein.
„Ich bin Peter“, sagt er und gibt ihr die Hand.
„Danke fürs Anhalten. Ich bin Eve“, erwidert sie seinen Händedruck. Ohne lange zu zögern, macht sie sich gleich daran Peter zu erzählen, wie es zu dem Satz auf dem Schild kam. Sie versucht ihm zu erklären, was der Mangel an lebendiger Liebe unter den Menschen mit Kriegen und mit der Zerstörung der Natur zu tun hat. Sie erzählt, dass sie nicht einfach tatenlos zusehen, sondern selbst etwas für die Umwelt und für die Liebe tun will, da für sie diese beiden Aspekte unmittelbar zusammenhängen.
„Umweltzerstörung und unbefriedigte Männer sollen also zusammengehören? Aber Kriege gab es doch schon immer.“
„Hast du schon mal was von den matriarchalen Gesellschaften früherer Zeiten gehört? Dort war die Liebe das Wichtigste, nicht nur im privaten Leben, sondern auch in der Gesellschaft und es gab wohl deshalb keine Kriege.“ Eve redet sich richtig in Rage. Sie spricht vom unsinnigen Blutvergießen im Irak und in Afghanistan. Denn aus ihrer Perspektive kämpfen da nicht zufällig vor allem Männer aus den zwei erotisch unterdrücktesten Kulturen der Welt gegeneinander und zerstören bei diesem blödsinnigen Kampf um Macht und die letzten Öllagerstätten eine Menge Natur und Ressourcen, die man viel besser für die Entwicklung einer liebevolleren Welt einsetzen könnte.
„Mag schon sein, aber sich in deinem Alter dafür an die Straße zu stellen … Ich weiß, ehrlich gesagt, auch gar nicht so recht, wie ich dein Angebot verstehen soll. Ich hab’ angehalten, weil ich eh nach Bern fahre und zu zweit die Zeit nicht so lang wird. Aber diese Sexgeschichte für Greenpeace … Ich finde dich schon attraktiv, verstehe das nicht falsch … und dann noch die Hundert Euro. Ist nicht gerade wenig Geld, fast der ganze Lohn für diese Nachtfahrt. Nicht, dass ich dagegen bin, etwas für die Natur zu tun und sogar noch Spaß dabei zu haben, aber so richtig kriege ich das immer noch nicht zusammen. Magst du mir noch mehr erzählen?“
Er scheint es ehrlich zu meinen. Andererseits, wenn er sie nur hinhalten will, bis es dunkel wird und sie dann nachts, ohne die 100 Euro, irgendwo auf der Straße sitzen lässt? Wie kann sie sich der Sache sicherer werden?
Ihr fällt etwas ein: „Peter, ich hab’ das Gefühl, dass du ehrlich zu mir bist und will es deshalb auch sein. Bevor ich dir die ganze Geschichte erzähle, wie ich dazu kam, muss ich mir etwas sicherer sein, dass du nachts nicht mehr von mir willst und nimmst als das, was ich freiwillig für diese Spende geben würde. Ich bin schließlich keine Professionelle und mache das zum ersten Mal.“
„O.k., wie kann ich dich überzeugen, dass ich keiner bin, der jungen Frauen böswillig ans Leder will?“
Eve bittet ihn um seinen Ausweis. Mit etwas verdutzter Miene kramt Peter daraufhin seinen Ausweis aus dem überdimensionalen Handschuhfach zwischen sich und Eve hervor und reicht ihn Eve mit den Worten: „O.k., Vertrauen gegen Vertrauen. Hier ist mein Ausweis.“
Als Eve das Foto von Peter sieht, kann sie gar nicht anders als erleichtert auflachen. Es zeigt Peter mit etwa Mitte Zwanzig, wie er mit langen zerzausten Haaren freundlich in die Kamera lacht. „Was hast du?“, fragt Peter. „Worüber lachst du?“
„Schon gut“, entgegnet Eve, nimmt ihr Handy und tippt seinen Namen und die Adresse ein. „Ich schicke jetzt deine Adresse und so an meine Freundin mit der Bitte, diese für mich aufzuheben und sie der Polizei zu übergeben, falls mir irgendetwas passieren sollte, o.k.?“
Peter nickt.

Eve drückt auf Senden und überlegt dann wie sie ihm all die ungewöhnlichen Ereignisse der letzten Wochen, die sie selbst vorher kaum für möglich gehalten hätte, am besten erzählen kann, ohne dass er sie allzu oft ungläubig unterbricht. Schließlich fällt ihr etwas ein.
„Ich erzähle dir jetzt mal eine Geschichte …“

Klappentext:

„Will Richtung Bern und
100 Euro für Greenpeace.
Biete dafür eine Nacht mit mir!“

Mit diesem Schild in der Hand geht eine junge Frau auf Reise zu den uralten Geheimnissen und neuesten Erkenntnissen vom Glück und Sinn des Daseins. Begleitet von der mystischen Philosophin Diotima entdeckt Eve ihre Welt – als eine Welt der Liebe, in der das menschliche Herz nicht nur Blut transportiert, sondern auch den Sex mit der Seele und beides mit dem Kosmos verbindet. Ein vielschichtiger Einblick in menschliche Möglichkeiten, lebendiger und intensiver mit sich, anderen und letztlich allem verbunden zu sein. Ein Ausblick auf Chancen, die drohenden Klimakatastrophen zu mildern – und ein großes erotisches Abenteuer.

 

 

Aus dem Buch:

Eine Nacht für Greenpeace
Es ist ein früher, warmer Abend im August. Der Duft der ersten reifen Äpfel an den Straßenbäumen mischt sich mit den Dünsten der Autos. Unweit der Auffahrt Dresden Wilder Mann sitzt eine junge Frau auf einem Rucksack an der Straße. Einige Vorbeigehende wundern sich über ihre vergnügt strahlenden Augen – vor allem aber über das Pappschild, das sie mit der rechten Hand den Autos entgegenhält:

Will Richtung Bern und
100 Euro für Greenpeace.
Biete dafür eine Nacht mit mir!

Dutzende Autos fahren vorbei. Einige Fahrer schütteln den Kopf, als sie ihr Plakat lesen. Besonders solche, die nicht allein im Auto sind, machen verurteilende Gesten. Andere lachen oder lächeln ihr neugierig zu. Schließlich hält einer. Ein Mann mit weißem Porsche, dunklem Anzug und ersten grauen Strähnen im dunklen Haar, vielleicht Anfang vierzig. Ohne ihr in die Augen zu schauen, den Blick nur auf ihren Körper gerichtet, fragt er, was sie ihm denn für 100 Euro so alles bieten würde.
Eve hatte sich innerlich auf manche Gefahren eingestellt. Die Kaltschnäuzigkeit dieses Typen macht sie jedoch sprachlos. Als er ungeduldig auf die Uhr schaut, schüttelt sie nur mit dem Kopf, sagt: „Ihnen gar nichts!“, und geht ein Stück weiter.
Nicht lange darauf hält ein VW-Polo mit zwei jungen Männern und einer Frau Mitte Zwanzig. Alle leger gekleidet, doch die Frau, ganz in schwarzen Klamotten und mit kurzem Haarschnitt, erscheint etwas gekünstelt. Der Beifahrer spricht sie mit sympathischem Lächeln und in zögerndem, zurückhaltendem Ton an: „Ein ungewöhnliches Trampschild, was du da hast. Bietest du wirklich eine ganze Nacht mit dir gegen eine Spende für Greenpeace?“
Sein Lächeln und seine Stimme gefallen ihr und sie lässt sich auf ein Gespräch ein. „Ja, mir kam plötzlich die Idee, Greenpeace zu unterstützen, indem ich einem Mann etwas Gutes tue. So kann ich zugleich etwas für die Umwelt und für den Frieden in der Welt tun.“
„Wieso?“
„Ist es nicht offensichtlich, wie sehr vor allem ungeliebte und unglückliche Männer die Erde verwüsten?“
Das spricht offenbar die junge Frau auf dem Rücksitz an: „Ist das nicht idiotisch, die Männer auch noch mit Liebe dafür zu belohnen, dass sie all diese Kriege gegen Mensch und Natur vom Zaun brechen?“
Eve fühlt sich missverstanden, fast beleidigt. Sie entgegnet schnippisch: „Danke für das Kompliment.“ Als sie sich gerade abwenden will, giftet die Frau in Schwarz noch hinterher: „Willst du mir ernsthaft verkaufen, dass du hier aus Überzeugung stehst? Ich meine hier an der Straße wie eine …“ Weiter kommt sie nicht, denn der Beifahrer unterbricht sie. „Sarah, lass doch mal dein überhebliches Getue.“ Und zu Eve gewandt fährt er fort: „Leider fahren wir nicht nach Bern. Ich würde ja schon gern wissen, was es mit deinem Schild auf sich hat.“ Und mit fragender Stimme fügt er hinzu: „Vielleicht treffen wir uns ja irgendwo mal wieder? Wohnst du in Dresden?“
„Nein“, entgegnet Eve lächelnd. „Ich habe auch ehrlich gesagt keine Zeit für weitere Männer momentan. Hab’ schon zwei Freunde. Vielleicht fangen ja irgendwann noch mehr Frauen an, ihre Liebe für die Natur zu verschenken … Ich muss mir jetzt ein Auto suchen, da ich noch einen weiten Weg vor mir habe. Macht’s gut!“
Eve nimmt noch wahr, wie er durch ihre Ablehnung kurzzeitig etwas grimmig schaut, doch sich rasch wieder fängt. „War trotzdem schön, dich zu treffen. Viel Glück dir. Und falls du mal wieder in Dresden bist, ruf mich doch an. Hier ist meine Nummer drauf“, drückt er ihr schnell noch eine Postkarte in die Hand, als sie sich bereits abwendet.
Neugierig schaut sie sich die Karte an, auf deren Vorderseite ein Mann und eine Frau sich gegenseitig Tomaten an den Kopf werfen. Auf der Rückseite steht:

Offene Zweierbeziehung. Satirisches Drama in sechs Akten. Theaterprojekt Paradoxe Gefühle. Kontakt: Falk Ebert. Handy: 017…

Na ja, denkt Eve, vielleicht schaue ich mir das doch mal an, wenn ich in Dresden studiere. Dann hebt sie ihr Schild wieder in Richtung Straße. Fast zehn Minuten lang hält keiner. Sie beobachtet neugierig und vergnügt, wie unterschiedlich die Vorbeifahrenden auf ihr Schild reagieren – einige wirken erstaunt, andere schütteln empört den Kopf … Dann stoppt ein größerer Toyota. Er in hellem Anzug, sie in grauem Kostüm, mit aufwändig toupierten Haaren. Sie Anfang Vierzig, er schon etwas älter. Die Frau auf dem Beifahrersitz betätigt den kleinen automatischen Fensterhebeknopf.
„Wir fahren nach Nürnberg. Nicht ganz Bern, aber immerhin die Hälfte des Wegs. Mein Mann hat morgen Geburtstag und ich habe ihm schon lange versprochen, dass er mal eine jüngere Frau mit ins Bett nehmen darf. Neben mir natürlich.“ In ihrer Verwunderung, was Leuten so alles einfällt, versucht sie sich wieder zu sammeln und hört noch wie die Frau weiter redet von den Nürnberger Straßenmädchen, die jedoch nicht in Frage kommen, da ihr Mann Universitätsdirektor ist und sie fürchten, dass die Leute dann über sie reden.
Sie schüttelt den Kopf und findet eine schnelle Ausrede: „Geht nicht, da ich morgen Vormittag schon in Bern sein muss.“

Bald darauf hält ein großer Lastwagen. Heraus schaut ein Mann mit kurzem dunkelblonden Haar und etwas rauer Stimme, vielleicht Ende 30. „Ich bin vor einigen Minuten schon mal an dir vorbei gefahren. Schön, dass du noch da bist. Ich muss nämlich Richtung Bern. Weiß aber nicht so recht, was ich von dem anderen Teil deines Plakats halten soll. Du kannst ja erstmal einsteigen und es mir dann erklären“, schmunzelt er, wirkt dabei aber nicht unsympathisch.
Hm, denkt Eve. Ein LKW-Fahrer, kräftig gebaut. Sie weiß nicht so recht. Gerüchte von beim Trampen vergewaltigten Mädchen flimmern ihr durch den Sinn. Andererseits scheint er auf den ersten Blick kein gewalttätiger Typ zu sein. Ach was, gibt sie sich selbst einen Ruck, wann, wenn nicht jetzt. Wer weiß, ob noch irgendein anderer bis nach Bern fährt. Notfalls habe ich mein Spray und kann außerdem ja noch bei Tageslicht wieder aussteigen. Sie nimmt ihren Rucksack und steigt ein.
„Ich bin Peter“, sagt er und gibt ihr die Hand.
„Danke fürs Anhalten. Ich bin Eve“, erwidert sie seinen Händedruck. Ohne lange zu zögern, macht sie sich gleich daran Peter zu erzählen, wie es zu dem Satz auf dem Schild kam. Sie versucht ihm zu erklären, was der Mangel an lebendiger Liebe unter den Menschen mit Kriegen und mit der Zerstörung der Natur zu tun hat. Sie erzählt, dass sie nicht einfach tatenlos zusehen, sondern selbst etwas für die Umwelt und für die Liebe tun will, da für sie diese beiden Aspekte unmittelbar zusammenhängen.
„Umweltzerstörung und unbefriedigte Männer sollen also zusammengehören? Aber Kriege gab es doch schon immer.“
„Hast du schon mal was von den matriarchalen Gesellschaften früherer Zeiten gehört? Dort war die Liebe das Wichtigste, nicht nur im privaten Leben, sondern auch in der Gesellschaft und es gab wohl deshalb keine Kriege.“ Eve redet sich richtig in Rage. Sie spricht vom unsinnigen Blutvergießen im Irak und in Afghanistan. Denn aus ihrer Perspektive kämpfen da nicht zufällig vor allem Männer aus den zwei erotisch unterdrücktesten Kulturen der Welt gegeneinander und zerstören bei diesem blödsinnigen Kampf um Macht und die letzten Öllagerstätten eine Menge Natur und Ressourcen, die man viel besser für die Entwicklung einer liebevolleren Welt einsetzen könnte.
„Mag schon sein, aber sich in deinem Alter dafür an die Straße zu stellen … Ich weiß, ehrlich gesagt, auch gar nicht so recht, wie ich dein Angebot verstehen soll. Ich hab’ angehalten, weil ich eh nach Bern fahre und zu zweit die Zeit nicht so lang wird. Aber diese Sexgeschichte für Greenpeace … Ich finde dich schon attraktiv, verstehe das nicht falsch … und dann noch die Hundert Euro. Ist nicht gerade wenig Geld, fast der ganze Lohn für diese Nachtfahrt. Nicht, dass ich dagegen bin, etwas für die Natur zu tun und sogar noch Spaß dabei zu haben, aber so richtig kriege ich das immer noch nicht zusammen. Magst du mir noch mehr erzählen?“
Er scheint es ehrlich zu meinen. Andererseits, wenn er sie nur hinhalten will, bis es dunkel wird und sie dann nachts, ohne die 100 Euro, irgendwo auf der Straße sitzen lässt? Wie kann sie sich der Sache sicherer werden?
Ihr fällt etwas ein: „Peter, ich hab’ das Gefühl, dass du ehrlich zu mir bist und will es deshalb auch sein. Bevor ich dir die ganze Geschichte erzähle, wie ich dazu kam, muss ich mir etwas sicherer sein, dass du nachts nicht mehr von mir willst und nimmst als das, was ich freiwillig für diese Spende geben würde. Ich bin schließlich keine Professionelle und mache das zum ersten Mal.“
„O.k., wie kann ich dich überzeugen, dass ich keiner bin, der jungen Frauen böswillig ans Leder will?“
Eve bittet ihn um seinen Ausweis. Mit etwas verdutzter Miene kramt Peter daraufhin seinen Ausweis aus dem überdimensionalen Handschuhfach zwischen sich und Eve hervor und reicht ihn Eve mit den Worten: „O.k., Vertrauen gegen Vertrauen. Hier ist mein Ausweis.“
Als Eve das Foto von Peter sieht, kann sie gar nicht anders als erleichtert auflachen. Es zeigt Peter mit etwa Mitte Zwanzig, wie er mit langen zerzausten Haaren freundlich in die Kamera lacht. „Was hast du?“, fragt Peter. „Worüber lachst du?“
„Schon gut“, entgegnet Eve, nimmt ihr Handy und tippt seinen Namen und die Adresse ein. „Ich schicke jetzt deine Adresse und so an meine Freundin mit der Bitte, diese für mich aufzuheben und sie der Polizei zu übergeben, falls mir irgendetwas passieren sollte, o.k.?“
Peter nickt.

Eve drückt auf Senden und überlegt dann wie sie ihm all die ungewöhnlichen Ereignisse der letzten Wochen, die sie selbst vorher kaum für möglich gehalten hätte, am besten erzählen kann, ohne dass er sie allzu oft ungläubig unterbricht. Schließlich fällt ihr etwas ein.
„Ich erzähle dir jetzt mal eine Geschichte …“

Details zum Buch:
  • Format: 14,3 x 21 cm
  • 300 Seiten
  • Hardcover
  • ISBN: 9783933321725
  • Unser Preis: 20€
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